Warum will ich eigentlich unbedingt zu diesem Mount Kosciuszko? Weil er einer der neun Seven Summits ist! Die Seven Summits bestehen aus dem jeweils höchsten Berg jedes Kontinents. Und weil man sich nicht ganz sicher ist, wo die grenzen sind, gibt es eben neun davon. Der einfachste von ihnen ist Mount Kosciuszko. Für das langfristige Ziel irgendwann alle bestiegen zu haben, ist das denke ich ein guter Anfang. Wenn ich eh schon mal in Australien bin.
Eine Anfahrt und eine kalte Nacht
Da bin ich also in meinem kuscheligen Hostel in Bega. Bleiben kann ich hier nicht. Ich muss noch einen Berg besteigen und rechtzeitig zurück in Sydney sein, um nach Neuseeland zu fliegen. Es geht wieder per Anhalter weiter. In einigen Etappen. Zuerst nehmen mich die netten Leute vom Drachverein mit. Nur für fünf Kilometer. Raus aus dem Ort zur Kreuzung in meine Richtung. Aber immerhin besser als zu laufen. Die nächste Etappe bringt mich nach Cooma, dann geht es nach Jindabyne. Auf dieser Etappe werde ich von Frank mitgenommen. Frank ist ein großer kräftiger Mazedone, der hier als Security arbeitet. Er arbeitet heute Abend bei einem Konzert von Chris Isaac in Thredbo. Thredbo ist die Kleinstadt zu der ich will. Er kann mich aber nicht bis dorthin mitnehmen. Er muss vorher etwas in Jindabyne erledigen.
Gut so weit. Ich werde in Jindabyne herausgelassen. Mitten im Ort. Von dort gehe ich zu Fuß weiter. Ich will ein Stück aus der Stadt raus. Das ist immer besser als mittendrin. Irgendwann hält auch ein Wagen an. Ein großer Allradwagen voller Männer in Anzug, Krawatte und Sonnenbrille. Bin ich nun bei den Men in Black gelandet? Tatsächlich ist es der Wagen von Franks Arbeit. Nun sitze ich zwischen einem Haufen von Securities, die alle etwa das 2-3fache von mir wiegen. Kann man sich je sicherer fühlen?
Wir kommen in Thredbo an. Ich bedanke mich und gehe meinen eigenen Weg. Ich muss eine Unterkunft finden. Dafür gehe ich zum YHA, der Jugendherberge. An der Tür ist ein Schild “Wir sind ausgebucht.” Das kann ich nicht glauben. Also rufe ich bei dem Hostel an und frage nach. Nichts verfügbar. Ich solle beim Infocenter nachfragen. Ich gehe zum Infocenter und frage nach.
Osterwochenende! Alles voll! Und dann noch das Konzert! In dem einem Hotel könnte noch was sein. Aber das kostet mindestens 200$ die Nacht. Kack Ostern. Ich hatte schon befürchtet, dass mir das Probleme machen könnte. Aber damit habe ich nicht gerechnet. Was nun? Zurück nach Jindabyne? 200$ bezahlen? Ah. Ich bin ein Mann. Nicht das erste Mal, dass ich draußen schlafe! Also suche ich eine kleinen Park. Er liegt direkt zwischen der Kosciuszko-Gondel und der Hauptstraße. Dort schnappe ich mir eine Bank mit nahe gelegenem BBQ und warte auf den Einbruch der Dunkelheit. Dann kommt meine Hängematte endlich mal wieder zum Einsatz.
Es ist erschreckend kalt hier. Ich bin ziemlich weit südlich und recht Thredbo liegt recht hoch. Außerdem ist es Ostern. Das ist hier quasi Herbst. Also kommt nicht nur meine Hängematte mal wieder zum Einsatz, sondern auch meine warmen Sachen, die ich zum Glück noch aus Nepal habe. Über die ich mich in Australien sonst immer beschwert habe, weil sie oftmals nur unnötiges Gewicht zu sein schienen.
Immerhin kann ich die Nacht so verbringen. Ich spare mir 200$ und kann morgen hoffentlich früh starten.
Die Besteigung
Die Nacht war kalt und windig aber ich bin zu Schlaf gekommen. Ich habe einen öffentlichen Grill um die Ecke, auf dem ich mir ein paar Eier zum Frühstück machen kann. Nach dem Mahl gehe ich ins Infocenter, lasse meinen Rucksack dort zurück und hole mir Informationen, wie ich den Berg am besten begehen kann. Entweder man nimmt die Gondel und kann von dort aus zum Gipfel gehen oder ich kann von hier aus gehen. Gondel ist kein Bergsteigen, also entscheide ich mich für den ganzen Weg. Zuerst geht es auf einen Nature Walk. Der Weg ist relativ Steil aber hübsch.
Unterwegs kreuze ich eine Downhillstrecke. Die Gondel ist nicht nur für Möchtegernbergsteiger, sondern auch für Biker und im Winter für Skifahrer. Das erinnert mich an zu hause. Mein Bruder fährt Mountainbike. Was der wohl zur Zeit treibt?
Nach der Downhillstrecke komme ich allmählich über die Baumgrenze, die hier offenbar sehr niedrig liegt. Jedenfalls gibt es zum ersten mal eine schöne Aussicht. Wer hätte das von Australien gedacht? Das es hier doch so etwas wie Berge gibt.
Ich komme dort an, wo die Gondel ankommen würde. 1,5 Stunden brauchte ich hier her. Und da entdecke ich doch schon eine Touristenattraktion, die mich anzieht. Das höchste Restaurant Australiens! Als Opfer der Extreme muss ich mir hier natürlich eine heiße Schokolade gönnen.
Nach der Stärkung geht es mit dem Berg weiter. Vor mir liegen noch 7,5km bis zum Gipfel. So schwierig ist das aber nicht mehr. Der ganze Weg ist nahezu flach und auf einem Steg aus Metall. “Um die Flora zu schützen.” Immerhin ist es so eine leichter und angenehmer Spaziergang.
Und da wandere ich und wandere. Um mich herum weitflächige Berge, die nicht ahnen lassen, wie heiß, wüstig und strandig es sonst in Australien ist. Die letzten Meter winden sich kreisförmig um den Gipfel. Abkürzen gilt nicht. Endlich erreiche ich mein Ziel!
Der Daumen steht übrigens für Nummer 1 von 9.
Weitere 1,5 Stunden brauchte ich hierher. Den gleichen Weg gehe ich zurück bis Thredbo. Dort bietet die freundlich Frau im Infocenter mir an, dass ich dort Duschen könnte. Gesagt getan. Frisch geduscht mache ich mich wieder auf die Straße. Per Anhalter geht es nach Jindabyne. Glücklicherweise ist das Hostel hier leer. Ich habe ein großes Dormitory für mich alleine. Yeah.
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